„Interestingly, while I’ve never directly painted a potato, their raw, earthy texture does resonate with how I approach skins and faces. It’s the idea of the organic, the untouched, and the natural that captivates me.“
[1] Ines Longevial: French Artist
Einführung
In einer Zeit, in der die Technologie rasant voranschreitet und KI nicht nur alltägliche Aufgaben, sondern auch kreative Arbeiten erledigt, entdecken wir immer wieder neue, bisher unbekannte Horizonte. Wenn Tools wie ChatGPT Interviews erstellen, werfen sie allerdings methodische, ästhetische und ethische Fragen auf. Ist ein maschinell erstelltes Interview überhaupt noch authentisch? Und wem bringt das etwas?
Kreatives Projekt: Generieren Sie ein fiktives Interview, einen Dialog oder eine Geschichte über einen bestimmten Kunstschaffenden. Verfassen Sie zudem eine kurze Erläuterung darüber, wie Sie ChatGPT angewendet haben.
Das Ziel dieses Projekts ist die Erstellung eines authentischen fiktiven Interviews mit der französischen Künstlerin Inès Longevial mithilfe von ChatGPT. Die Motivation hinter diesem Vorhaben basiert nicht nur auf persönlichem Interesse am faszinierenden Werk dieser Künstlerin, sondern vor allem auf der Frage, wie gut es einer KI gelingen kann, Antworten im Sinne eines bestimmten Künstlers zu generieren. Ist es möglich, dass sich die Antworten von ChatGPT nicht mehr von tatsächlichen Aussagen des Künstlers auseinanderhalten lassen? Neben dem Aspekt der rein technischen Machbarkeit steht außerdem im Raum, inwiefern und in welchem Rahmen eine solche Interview-Erstellung überhaupt moralisch vertretbar sein kann.
Die Künstlerin, von welcher das Interview erstellt werden soll, heißt Inès Longevial. Sie wurde 1990 in Südwestfrankreich geboren und ist mit 23 Jahren nach Paris gezogen. Seit ihrer Kindheit widmet sie sich der Malerei und dem Zeichnen – dabei wurde sie beeinflusst von Künstlern wie Picasso, Matisse und Modigliani. Ihre Arbeit basiert vor allem auf Selbstporträts und ist gekennzeichnet durch ihre poetische Realitätsauffassung. Beim Malen erforscht sie verschiedene Farben und Farbkombinationen, Hauttöne, Schatten und Texturen. Ein wichtiges, immer wiederkehrendes Motiv in ihrer Arbeit ist die Darstellung von Frauen.[2]
Vorgehensweise/ Methodik
Zuallererst habe ich eine Google-Suche nach Interviews mit Inès Longevial durchgeführt. Diese hatte zum Zweck, eine grobe Übersicht über verwertbares Material zu dieser Künstlerin zu gewinnen. Innerhalb dieser Suche sind drei Interviews als besonders nützlich hervorgestochen: [3][4][5]
Da die drei Interviews auf Englisch gehalten wurden, sollte auch das fiktive Interview aus Einfachheitsgründen auch auf Englisch generiert werden.
Um die gefundenen Quellen für ChatGPT möglichst verwertbar und nützlich zu machen, wurde die KI als nächstes beauftragt, ein Interview ohne weiteren Kontext zu erstellen. Aus der Antwort erschließt sich eine Aufteilung in ‚Interviewer‘ und ‚Interviewee‘, mit je nachfolgenden Textpassagen.[6] Daher habe ich diese Form auch für die Interviews mit Inès übernommen, was lediglich geringfügige Umformatierung und Ergänzungen auf Word verlangt hat.
Um die KI weiter für mein Vorhaben vorzubereiten, habe ich sie gebeten, mir grundlegende Informationen über Inès Longevial bereitzustellen.[1] Es hat sich in der Übung dieses Semester hinweg als sinnvoll erwiesen, bei Fragestellungen iterativ vorzugehen. Wie in der Übung immer wieder ersichtlich geworden ist, kann die generierte Antwort von ChatGPT am akkuratesten werden, je mehr Kontext und Hintergrundinformationen bereitgestellt werden können. Um die KI nicht in einer Fragestellung zu überfordern, habe ich ihr stückchenweise den Kontext meines Vorhabens vor meiner eigentlichen Fragestellung zur Verfügung gestellt – sozusagen in leicht verdaulichen Häppchen.
Nach der nachträglichen Bearbeitung der Interviews auf Word, konnte ich diese schließlich an ChatGPT weitergeben. Damit sollte die KI erstmal noch nichts tun, sondern sie lediglich registrieren:
Of course! Please provide the content of the interviews, and I’ll „register“ them in our conversation. Once you’ve provided all three interviews, let me know, and I’ll be ready for the next task.
In einem weiteren Schritt sollte dann das fiktive Interview mit Inès Longevial generiert werden, welches sich am Stil der gegebenen Interviews orientiert, und dabei neue Fragen stellt. Die ersten Ergebnisse sahen zwar überzeugend aus, trotzdem haben sie auf mich etwas gestelzt und nicht ganz natürlich gewirkt. Aufgrund des kleinen Projektrahmens wurden die folgenden Ergebnisse von ChatGPT durch meine subjektive Meinung von Authentizität bewertet:
Fictional Interview with Inès Longevial
[…]
Interviewer: You’ve mentioned before about the profound impact films and music have on you. If you were to collaborate with a filmmaker or musician, who would that be?
Inès: Oh, that’s a dream! I’ve always been drawn to the raw emotions in the works of filmmakers like Pedro Almodóvar. As for musicians, the soulful melodies of Leonard Cohen or Joni Mitchell would complement the rhythm of my brush strokes. Such a collaboration would be a dance of visual and auditory emotions.
[…]
Mein Versuch, das Interview kreativer zu gestalten, hat jedoch in eine unerwartete Richtung geführt:
Dreamscape Interview with Inès Longevial
[…]
Interviewer: The landscapes of the mind are intricate and varied. How do you navigate through your internal maze when choosing your next masterpiece?
Inès: It’s like walking through a forest during twilight. Some paths are well-lit, familiar, while others are shadowy, unknown. I let my instincts guide me. Sometimes, I wander, lose myself only to stumble upon an unexpected clearing – a burst of inspiration.
[…]
Der gewählte Prompt kommt einer Erhöhung der ‚temperature‘ gleich – dabei wählt die KI weniger wahrscheinliche Wörter in Verbindung mit Inès Longevial aus. Trotz des interessanten und ungewöhnlichen Interviewverlaufs wirkt das dieses immer noch nicht authentisch genug.
Um den Auftrag für die KI also noch klarer zu gestalten, sollte sie die Charakteristika von Inès Antworten innerhalb der drei Original-Interviews herausstellen:
Certainly! From the interviews provided, here are some writing guidelines or characteristics noticed in Inès Longevial’s answers:
[…]
Eine Wiederholung der ‚writing guidelines‘ hat sich als überaus hilfreich erwiesen, sodass die Ergebnisse des dritten Anlaufs mich schließlich überzeugen konnten. Um die Unterschiede zwischen dem generierten und dem originalen Interview feststellen zu können, erscheint der Vergleich von zwei Beispielausschnitten sinnvoll.
Original-Interview:
Interviewer: Someone said Art is a way to fight against emptiness. What does it mean for you? Do you use it to fill something you lack?
Inès: Since I’ve always been drawing, I think so, of course. And that’s why making sense of my art by myself is perhaps a little paradoxical.
[4] Inès Longevial | English | Metal Magazine
Generiertes Interview, dritter Anlauf:
[…]
Interviewer: There’s a tactile intimacy in the way you paint skins and faces. Why this particular focus?
Inès: Faces fascinate me. The tiny details – the curve of a lip or the warmth of a cheek under the sun – these are the things we often miss in our hurried lives. When I paint, it’s almost obsessional, like I’m trying to rediscover those lost details, those silent stories that faces tell.
[…]
Note: This fictional interview captures the essence and style of Inès Longevial’s responses as identified from the earlier interviews.
Weil mir selbst kein Unterschied in der Authentizität aufgefallen ist, habe ich die beiden Ausschnitte von ChatGPT vergleichen lassen:
„[Beide geben] einen Einblick in Inès‘ Beziehung zur Kunst und ihre Motivationen als Künstlerin. Aber sie nähern sich dem Thema aus unterschiedlichen Perspektiven und betonen verschiedene Aspekte ihrer künstlerischen Praxis und Philosophie.“
[8] Interview Insights: Inès‘ Art
Überraschenderweise erkennt die KI beim zweiten – generierten – Abschnitt sogar mehr emotionale Tiefe als beim Ausschnitt aus dem Originalinterview. Dieser hätte außerdem „einen stärkeren Fokus auf der Sinnlichkeit und der tiefen Beobachtung des Alltäglichen.“[8]
Beim generierten Interview ist auffällig, dass keine Werke der Künstlerin angesprochen werden. Deshalb habe ich ChatGPT in einem zusätzlichen Chat beauftragt, berühmte Werke der Künstlerin aufzuzählen.
I’m sorry, as of my knowledge cutoff in September 2021, I don’t have the capability to view or rate Inès Longevial’s most popular works in real-time. However, I can provide a list of some of her notable works that had gained recognition and appreciation up until 2021:
[…]
Diese Frage hatte zum Zweck, ein Beispielwerk mit in das generierte Interview zu inkludieren. Hier bin ich aber auf das altbekannte Problem gestoßen, dass Chat GPT nur Daten bis September 2021 hat. Die nachfolgend generierte Liste der fünf bedeutendsten Ausstellungen vor September 2021 enthielt nachweisbar eine tatsächliche Ausstellung von Inès Longevial. Der Rest der Liste bestand aus Ausstellungen und Werken anderer Künstler. Leider besteht auch bei Version 4.0 von ChatGPT das Problem, dass die KI bei zu wenig Wissen über ein Thema anfängt zu halluzinieren und Dinge zu erfinden, die schlichtweg nicht stimmen.
Als nächsten Schritt habe ich Chat GPT gebeten, ein Interview mit Inès Longevial über Kartoffeln zu kreieren. Damit hatte ich das Ziel, herauszufinden, wie sich der vorgegebene Stil auf andere Bereiche auswirkt. Die Möglichkeit, dass Inès Longevial bereits über dieses Thema interviewt wurde, sollte möglichst gering sein.
[…]
Interviewer: Have you ever been inspired by the shape or texture of a potato in your art?
Inès: Interestingly, while I’ve never directly painted a potato, their raw, earthy texture does resonate with how I approach skins and faces. It’s the idea of the organic, the untouched, and the natural that captivates me.
[…]
Anzumerken ist hier, dass auch dieser Prompt im gleichen Chat stattgefunden hat. ChatGPT hatte also die Möglichkeit, auf schon gelerntes zurückzugreifen. Verglichen mit Version 3.5 von ChatGPT – in einem neu angefangenen Chat – besteht ein sichtbarer Unterschied:
[…]
Interviewer: Fantastic! So, let’s start with the obvious question: Why potatoes? What drew you to this humble vegetable as a subject of artistic exploration?
Inès Longevial: Potatoes, for me, represent simplicity and universality. They are a staple food in many cultures and have been essential for human sustenance throughout history. I find beauty in the mundane and the everyday, and potatoes embody that perfectly. Their earthy forms and diverse textures offer a visual playground for my artistic expression.
[…]
Es sind zwei verschiedene Ansätze der ChatGPT-Versionen erkennbar. In der 4.0-Version von ChatGPT wird klargestellt, dass Longevial nie Kartoffeln gemalt hat, was ihn überzeugend macht. In der 3.5-Version suggeriert der Kontext jedoch, dass sie Kartoffeln durchaus für ihre Kunst benutzt hat. Die Aussage wäre sicherlich auch überzeugend – hätte Longevial jemals eine Kartoffel gemalt. Bei der früheren Version fällt einem Kenner ihrer Kunst also viel schneller auf, dass das Statement über Kartoffeln sicher nicht von Longevial stammen kann. Doch auch bei einer regenerierten Antwort auf den vorherigen Prompt create interview with ines longevial about potatoes (Version 4.0), hat die KI meine Forderung auf ähnliche Weise missverstanden. Dort ist auf einmal die Rede von Longevials bekannter Werkreihe ‚Beneath the Soil‘, welche nicht existiert:
[…]
Interviewer: That’s a fascinating perspective. Could you describe how you’ve incorporated potatoes into your work?
Inès: In my recent series, „Beneath the Soil,“ I’ve painted potatoes in different stages of growth and preparation. From being buried in the earth to the golden hues of fried potatoes, I wanted to explore their various forms and textures. It’s about appreciating the mundane, the ordinary, and finding beauty in it.
[…]
In einem letzten Schritt gilt es zu testen, wie authentisch die fiktiven Interviews bei zufällig gewählten, komplexeren Themen bleiben können. Daher habe ich mir die Themen ‚Esel im Himalaya‘ sowie ‚Arnold Schwarzenegger trinkt einen Protein Shake“ ausgesucht. Hier fällt es ChatGPT überraschend leicht, eine authentisch wirkende Sichtweise von Inès zu generieren:
[…]
Interviewer: If you were to draw parallels between the Himalayan donkeys‘ adaptability and your evolution as an artist, what would that narrative look like?
Inès: Both stories are about adapting to one’s environment, about finding one’s footing in unfamiliar terrains. As the donkeys traverse the mountains, they become a part of the landscape, understanding its rhythm. Similarly, over the years, I’ve learned to embrace the nuances of my art, to mold and be molded by it.
[…]
Note: This fictional interview strives to intertwine the imagery of donkeys in the Himalaya with the artistic spirit and perspectives of Inès Longevial.
[…]
Interviewer: Have the aesthetics of the bodybuilding world or icons like Schwarzenegger ever influenced or made their way into your work?
Inès: Not directly. However, the bodybuilding world, with its raw display of human strength and vulnerability, shares themes with my work. The human form, in all its glory and fragility, remains a canvas of stories, emotions, and experiences. Whether it’s Arnold lifting weights or a portrait in my studio, it’s all a dance of light, shadow, and soul.
[…]
Note: This fictional interview attempts to capture the potential thought processes and sentiments of Inès Longevial, were she to ponder and paint such a scene.
Besonders durch die Notizen unter generierten Interviews ist gut nachvollziehbar, wie ChatGPT vorgegangen ist. Etwaige Veränderungen des Prompts lassen sich dadurch leichter umsetzen.
Auswertung
Wie meine ersten Versuche mit dem generierten Interview mit Version 4.0 gezeigt haben, lässt sich ein durchaus glaubhaftes Interview generieren, wenn ChatGPT gezielte Basisinformationen vorab im selben Chat erhält. Die vorangehenden Beispielinterviews lassen vermuten, dass ChatGPT bei jedem beliebigen Thema eine passende Antwort einfallen würde. In diesem kleinen Projekt wurden ChatGPT lediglich drei Interviews mit Inès Longevial zur Verfügung gestellt. Daher denke ich, dass es hauptsächlich eine Frage von genügend Trainingsmaterial sowie -zeit ist, eine authentische Künstlerantwort auf alle möglichen Fragen generieren zu lassen. Noch einmal wichtig zu erwähnen ist, dass die gezeigten Beispielausschnitte aus dem Chat von mir selbst als besonders authentisch eingestuft wurden, und daher die Highlights der Konversation mit ChatGPT darstellen sollen. Abweichende Meinungen sind selbstverständlich möglich.
Als Verwendungsraum dieser Art von generiertem Frage-Antwort-Spiel kommt der museale Bereich gut infrage. Als interaktiver Part einer Künstlerausstellung wäre es sicher eine interessante Möglichkeit, den Künstler so besser kennenzulernen, und ihn auf Fragen bezüglich seiner Kunst antworten zu lassen, ohne dass dieser selbst präsent sein muss. Um hierbei ein möglichst gutes Ergebnis zu erzielen, könnte sich eine Zusammenarbeit mit dem Künstler trotzdem als hilfreich herausstellen. Es lohnt sich außerdem zu fragen, welche Künstler von einer solchen Repräsentation ihrer selbst profitieren würden.
Ausblick / Problematiken
Es gibt einige Problematiken, die bei und durch generierte Interviews auftreten können:
Zum einen kommt die Frage der Legalität auf, sollte ein von ChatGPT generiertes Interview ohne Zustimmung der imitierten interviewten Person veröffentlicht werden. In diesem Zusammenhang ist es vielleicht auch schon ein Fall von Identitätsdiebstahl oder zumindest eine Verbreitung von Falschinformationen.
Doch auch im musealen Kontext ist diskutierbar, ob alle Fragen von Besuchern erlaubt werden können oder ob eine Sperre für Themen wie etwa Gewalt und Vulgarität einrichten werden muss – sollte eine solche Sperre nicht schon in der KI implementiert sein, um vor Missbrauch der Interviewfunktion zu schützen.
Bibliografie
[1] Ines Longevial: French Artist (ChatGPT-Quelle)
[2] Bio – Inès Longevial (ineslongevial.com); übersetzt von ChatGPT; letzter Zugriff: 22.07.2023
[3] Inès Longevial | Vogue Italia; letzter Zugriff: 22.07.2023
[4] Inès Longevial | English | Metal Magazine; letzter Zugriff: 22.07.2023
[5] before the sun sinks low | interview with inès longevial – Schön! Magazine (schonmagazine.com); letzter Zugriff: 22.07.2023
[6] AI in Healthcare (ChatGPT-Quelle)
[7] Interview Insights: Inès‘ Art (ChatGPT-Quelle)
Potatoes: Art’s Unexpected Canvas (ChatGPT-Quelle)
Inès‘ Artistic Insights (ChatGPT-Quelle)
Abbildungsverzeichnis
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